Prag - Die kleine, aus Russland kommende Café-Kette Ziferblat, die mit ihrem in ihrer Branche bis dato einzigartigen Pay-per-Minute-Konzept international für Furore sorgt, will noch in diesem Jahr ihre erste Filiale in der tschechischen Hauptstadt eröffnen.
Das gab die von dem Russen Ivan Meetin gegründete Kette vor wenigen Tagen auf der Facebook-Seite ihrer Londoner Niederlassung bekannt.
Revolutionär ist nicht nur das Abrechnungskonzept von Ziferblat: Gezahlt wird nur für die in den Räumlichkeiten verbrachte Zeit - Kaffee, Tee, Toasts und Gebäck dagegen sind kostenlos. In London kostet die Minute derzeit 5 Pence, eine Stunde demnach 3 Pfund (etwa 110 Kronen).
Dem Gründer von Ziferblat ist der ungewöhnliche Abrechnungsmodus jedoch nur Mittel zum Zweck, ihm geht es um die Herstellung eines "freien Raumes" in urbaner Umgebung, sein Unternehmen sieht er als "soziales Experiment".
In einem im April 2013 im Online-Magazin "Deutschland und Russland" des Goethe-Instituts erschienen Interview beschreibt der Mittzwanziger Ivan Meetin seine Idee so: "Der Mensch bekommt einen Ort, an dem er alles Mögliche tun kann, für den er aber auch Verantwortung übernehmen muss. Und am Anfang haben die Gäste sehr viel selbst gemacht. Sie gaben mir ihr Geld nicht, um sich von mir bedienen zu lassen. Die Gäste zahlten dafür, dass es diesen Ort gibt. Das heißt: Es geht nicht um Gäste im herkömmlichen Sinne, sondern um Kleinstmieter. Genau diese Idee möchte ich wiederbeleben: Der Gast ist kein Gast, sondern Hausherr. Er zahlt Miete und ist berechtigt auf diesem Areal aktiv zu werden: eine Veranstaltung zu organisieren, alle möglichen Leute kennenzulernen, sich einen Kaffee zu kochen."
Das Konzept funktioniert inzwischen in vier Ländern (in Russland, der Ukraine, in Slowenien und eben London), in denen die "Kleinstmieter" elf Kaffeehäuser und den Betreibern dabei im Minutentakt die Tasche füllen. Auf der Liste der Expansionspläne stehen zudem New York und Berlin.
Wo genau und wann Ziferblat in Prag seine Türen öffnet, ist dabei noch unklar. Auf der Facebook-Seite heißt es nur, Ziferblat suche noch "einen Kapitän für sein tschechisches Schiff". Und: "Wenn du oder deine Freunde dort leben und sich fähig fühlen etwas großes, Neues und cooles mit uns zu beginnen - dann schreibt".
Die Facebook-Seite für die Prager Niederlassung jedenfalls ist bereits eingerichtet. (nk)