Der Autor

Schirin Nowrousian, Autorin, Lyrikerin, Übersetzerin, Performerin, Moderatorin, Lehrende und Forscherin. Lebt bei Bremen auf dem Land. 

Nowrousian schreibt auf Deutsch, Französisch und Englisch und bisweilen treten weitere Sprachen hinzu. 

Zuletzt erschienen: Gläserne Fehde, Sujet Verlag, Bremen, 2019, 2. Aufl. 2021; Auf dass die Salamander singen, Verlag Schiler & Mücke, Tübingen/Berlin, 2020 (Übersetzung eines Bandes v. Aurélia Lassaque aus dem Okzitanischen & Französischen ins Deutsche). 

2020 hat die Autorin vor allem am Endschliff ihrer ersten Geschichte für Jung und Junggeblieben gefeilt. Nun stehen die Illustrationen sowie die editorische Unterbringung des Textes an. 

In Prag wird sie sich einem ihrer nächsten Lyrikbände widmen und außerdem aller Wahrscheinlichkeit nach ein speziell der Prager Zeit gewidmetes Projekt in Sprache fließen lassen. Sie ist selbst gespannt, was in diesem einen Monat Prag alles geschehen und entstehen wird.

Bildnachweis:
© S. Nowrousian

Blog

| Schirin Nowrousian | 27.9.2021

Die Hündin mit dem tiefen Blick

Ich bin, sagte die Hündin mit dem tiefen Blick, gekommen, um Prag anzuschauen. Jetzt bin ich hier und sehe mich um. Schön viele Hunde gibt es. Recht viele Menschen. Die Moldau fließt kräuselnd, auch wenn gestaut, auf den Dächern wehen vergessene Fahnen. Interessant auch das Streulicht. Es weist den Weg in die Farnwelt, die sich von hier entrollt. Ich rieche Kummer, Liebesgeplätscher und Tortenböden. Alles drei ist gut. Ganz wie die Fensterdekos, die vergilben. Und die Honig bringenden Waben der Selbstgespräche. Ihnen sollte man mehr Achtung schenken. Sie tröpfeln leise zu Boden. Wir Hunde schlecken sie auf. Der Schweißduft der Straßen bringt mich zum Lachen. Ebenso die unterkühlte Miene mancher Straßenbahnen. Da läuft’s mir froh prickelnd den Rücken entlang, von der Nasen- bis zur Schwanzspitze, ein wohliger Schauder. Ich geh‘ mich jetzt umhören. Vielleicht hat jemand schon die neue Uhr gesehen, die nicht nur andersrum tickt, sondern auch doppelt so langsam. Falls Ihr sie seht, bellt bitte einmal kurz durch. Und bis dahin gehabt Euch wohl. Von Eurem abendlichen Mahl nehme ich gerne den besten Bissen und danke gnädigst im Vorhinein.

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