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Blog des PLH

Europa besiegt den Rest der Welt

Ich nutze die familienfreien Tage zu intensiver Meinungsforschung. Begünstigt durch zwei Feiertage im Land kann ich mich gefahrlos an die Brennpunkte wagen, tagsüber in den Biergarten, abends bzw. spätabends in die Kneipen. So erfahre ich, dass Silwia ihrem Landsmann Luka Modrić nicht einmal ein Getränk geben würde, tauchte er hier auf. Zu verbittert ist noch die Stimmung wegen der Vorgänge und Aussagen um einen Fußball-Transfer-Mafioso in Kroatien.

England kann Elfmeterschießen

Der Nachmittag ist da, ich habe frei und Brasilien spielt. Ich gehe zunächst nach Hause zum Kleiderwechseln. Noch ehe ich mich entschieden habe, wo ich das Spiel sehen möchte, schlüpft meine Lebensgefährtin MM aus dem Haus und ich bin alleine mit dem Kind. Also denn, auf ein Neues. Zunächst spielt das Kind noch mit seinen Spielsachen, ich vermerke, dass es eigentlich eine gute Idee wäre, den Nationalspielern das Mitsingen der Nationalhymne zu verbieten, dermaßen schauderhaft klingen die Darbietungen der beiden lateinamerikanischen Amateurchöre.

Achtelfinale 2: Langweilige Elfmeterdramen

Der Tag nach dem großen Krach brachte einfach mal Ruhe, nahezu Grabesstille. Tatsächlich entziehe ich dem Kind aus pädagogischen Gründen seine Dosis Internet-Fußball und begebe mich -  es ist ja Sonntag und daher theoretisch arbeitsfrei – in Freds Bar, den Austragungsort so vieler Dramen in den Jahren 2006, 2008, 2010, 2014 und auch noch ein bisschen 2016. Sie merken, die Eh Emms sind mit eingerechnet und dieser zweite Achtelfinalspieltag fühlt sich auch wie eine solche an, wie zwei typische Spiele der aufgeblähten Eh Emm 2016, die erst am Ende interessant wurden.

Achtelfinale 1: Tschüß, Weltfußballer

Zunächst die Lage in Deutschland: Undurchschaubar. Die Spieler sind angeblich in Frankfurt a.M. gelandet und durch die Hintertür verschwunden. In den sozialen Medien haben sich etliche entschuldigt. Der Trainer fordert radikale Änderungen. Was er damit meint, ist unklar. Alle reißen sich darum, die Verantwortung zu übernehmen, aber niemand zieht die Konsequenzen. Niemand ist bisher zurückgetreten. Schwarzmaler stellen bereits die Qualifikationsfähigkeit einer deutschen Nationalmannschaft für die nächst Eh Emm in Frage.

Vorrundenende kompakt: Deutschland kaputt

Also los, den Anfang vom langen Ende machen am Dienstagnachmittag Frankreich und Dänemark. Ich komme also nach Hause und schaue etwas, doch dann packt mich mein schlechtes Gewissen und beginne eine Editionstätigkeit. Das Spiel läuft nebenher als Hörspiel und ich bin etwas überrascht, als es dann zu Ende ist. Es scheint keine Höhepunkte gegeben zu haben, im anderen Spiel rettet Peru immerhin seine Ehre und besiegt wenigstens Australien. Anschließend widme ich mich Kind und Lebensgefährtin MM, die zwischenzeitlich eingetroffen sind.

Russland wird entzaubert

Der Montag beginnt mit den Entscheidungen in Gruppe A und B. Zwischen Russland und Uruguay geht es nur noch darum, wer Gruppensieger und wer Zweiter wird. Das zweite Nachmittagsspiel ist nahezu bedeutungslos. Ich nutze die Zeit, um Vorbereitungen in der Küche zu treffen, Obstsmoothie (Karotte, Apfel, Erdbeere, Banane), der nicht nur mich wieder auf Vordermann bringen soll. Das Kind erhält natürlich auch seinen Anteil. Als nächstes bereite ich Tzatziki mit frischem Knoblauch, eine Ingwerbrühe und Kräutertee zu.

Tag der offenen Tore

Am Morgen nach dem deutschen Fußballdrama mit Happy End komme ich nur schwer aus dem Bett. Ich fühle mich, als hätte ich selbst mitgespielt, das rechte Knie schmerzt und lässt sich nur mühsam bewegen, das linke fühlt sich an, als hätte mir jemand von hinten in die Kniekehle getreten, der Rücken ist an einer handtellergroßen Stelle taub. Eine Massage wäre jetzt genau das richtige, ich gebe das Kind an die Mutter weiter und lege mich wieder hin. Die gibt es mir aber wieder zurück und ich rieche etwas, was mich zum augenblicklichen Handeln zwingt.

Dem Tod von der Schippe gesprungen

Auf, heute gilt's, morgen kann es bereits zu spät sein. Bevor der Fußballtag beginnt, erhalte ich eine Einladung zum Grillen im Park. Dabei ist am Vortag die Temperatur um 20 Grad gefallen und die Jahreszeit ist auf Ende Oktober vorgerückt. Ich bin höchst skeptisch, ob ich dem Kind das zumuten kann. Das legt sich erst mal mittags zu einem ausgedehnten Nickerchen hin, der es mir erlaubt, mich zunächst dem Spiel Belgien gegen Tunesien zu widmen. Das lohnt sich durchaus, denn nach 17 Minuten sind bereits drei Tore gefallen.

Messi geht baden und unter

Gleich vorweg, natürlich konnte ich bei der normalerwerbstätigenunfreundlichen WM das erste Spiel nicht sehen. Dänemark nähert sich dem Achtelfinale, in das Frankreich nach dem Sieg gegen Peru sicher eingezogen ist. Dieses Spiel kann ich verfolgen, ich verpasse bloß die Anfangsviertelstunde. Zu Hause ist alles ruhig, die Lebensgefährtin MM ist mit dem Kind unterwegs, ich kann es mir vor meinem Laptop so richtig gemütlich machen.

Der WM-Zug rollt und rollt und rollt

Unerbittlich rollt der WM-Zug weiter. Während ich am ersten Tag nach der Niederlage nur pietätvolle Kunden getroffen habe, werde ich am zweiten Tag schon mehrfach darauf angesprochen. Was war da los? Ich fühle mich wie ein Pressesprecher, der genau darauf achten muss, was er als Deutscher im Ausland sagt. Einem gesunden Patriotismus ohne Chauvinismus zeigen, also das Land bzw. die Mannschaft jetzt nicht in Grund und Boden verdammen. Auch nicht den Fehler begehen, einzelne als Sündenbock herauszupicken, denn die gab es in dem Sinne nicht.

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