prag aktuellprag aktuell | Rubrik: Wirtschaft | 12.12.2013
Erfolgreiche LTE-Auktion setzt milliardenschwere Investitionen in Gang / Telekomfirmen erhoffen steigende Umsätze / Von Gerit Schulze, gtai

Prag - Der Weg für die vierte Mobilfunkgeneration ist nun auch in Tschechien frei. Die Regulierungsbehörde hat die Frequenzen für neue LTE-Netze versteigert. Damit steht das Land vor einem Investitionsboom bei Netzwerk- und Funktechnik. Allerdings wird es nicht wie erwartet zu mehr Wettbewerb im Telekomsektor kommen. Den Markt teilen sich weiterhin drei Anbieter auf. Für Belebung und Druck auf die Preise sorgen alternative Provider ohne eigenes Netz, deren Zahl stetig steigt.

Im zweiten Anlauf hat die Auktion für die Vergabe der LTE-Mobilfunkfrequenzen (vierte Generation) in Tschechien Ende November 2013 endlich geklappt. Fünf Bewerber wollten ins Rennen gehen, doch letztlich haben die alteingesessenen Gesellschaften T-Mobile CR, Telefonica CR und Vodafone CR die begehrten Lizenzen für das superschnelle Datennetz unter sich aufgeteilt. Sie zahlen dafür 8,5 Mrd. Kc (310 Mio. Euro, Wechselkurs am 10.12.13: 1 Euro = 27,45 Kc). Beim ersten Versuch im März 2013 hatte das Regulierungsamt CTU die Auktion bei einem Gebotspreis von 20 Mrd. Kc abgebrochen. Nach Meinung der Behörde wäre bei einer solch hohen Summe der Aufbau und Betrieb des Netzes wirtschaftlich nicht rentabel. Das CTU fürchtete daher Verzögerungen beim Bau der nötigen Infrastruktur.

Eigentlich wollte die Behörde durch die Auktion einen vierten nationalen Netzbetreiber an den Markt bringen. Dafür wurde extra ein 800 MHz-Frequenzblock reserviert, für den der Startpreis bei 2,2 Mrd. Kc lag. Doch die beiden alternativen Kandidaten Sazka Telecommunications (Finanz- und Investmentgesellschaft KKCG) und Revolution Mobile (gegründet von einem ehemaligen Manager der Investmentgruppe PPF) machten von diesem Angebot keinen Gebrauch. PPF hatte sich schon im Vorfeld zurückgezogen, weil die Bedingungen der Lizenzvergabe angeblich zu unattraktiv seien. So dürfen die Frequenzen 15 Jahre lang nicht verkauft werden. Die für alternative Anbieter reservierte Frequenz hatte nach deren Rückzug schließlich Vodafone für 2,66 Mrd. Kc ersteigert.

Damit wird es auf dem tschechischen Mobilfunkmarkt nicht wie erwartet mehr Wettbewerb geben. Für die angestammten Operatoren ist das eine gute Nachricht, denn ihre Umsätze und Gewinnmargen sinken seit 2008 beständig. Im Jahr 2012 mussten die drei großen Netzbetreiber Erlösrückgänge zwischen 4 und 7% hinnehmen. Der Negativtrend setzte sich 2013 fort. T-Mobile vermeldete bis September ein Zehntel weniger Umsatz als im Vorjahr - trotz steigender Kundenzahl.

Dabei spielt der Mobilfunk in Tschechien eine wichtigere Rolle als das Festnetz. Laut Statistikamt wurden 2012 in den Handynetzen 67 Mrd. Kc umgesetzt (2,7 Mrd. Euro, Jahreswechselkurs 2012: 1 Euro = 25,14 Kc), im Festnetz nur 43 Mrd. Kc. Den 1,5 Mio. Festnetzanschlüsse stehen über 14 Mio. aktive SIM-Karten gegenüber, auf 100 Einwohner kommen fast 140 Handys. Doch die hohe Marktdurchdringung hat zur Folge, dass die Umsätze je Mobilfunkkunden seit Jahren schrumpfen. Für 2012 ermittelte die Statistikbehörde ein Minus von 7,4% auf 4.691 Kc (187 Euro, ohne Mehrwertsteuer). Davon entfielen 2.661 Kc auf reine Telefongespräche, der Rest auf Datendienste.

Die Netzbetreiber erhoffen sich vom neuen Datennetzstandard LTE wieder höhere Umsätze und sehen sich durch Marktstudien darin bestätigt. So hat eine Untersuchung von Accenture 2013 ergeben, dass zwei von drei Tschechen bereit sind, für schnelleres Surfen per Handy auch mehr Geld auszugeben. Außerdem sollen neue Dienstleistungen angeboten werden, zum Beispiel mobiles Bezahlen. Kunden von T-Mobile hatten schon 2012 in Tschechien per Handy Rechnungen für über 1 Mrd. Kc (40 Mio. Euro) bezahlt.

Angesichts sinkender Erlöse und Erträge versuchen die Unternehmen, Kosten zu sparen. Telefonica und T-Mobile haben im Oktober 2013 vereinbart, die Mobilfunknetze der zweiten (GSM) und dritten Generation (UMTS) ab 2014 gemeinsam zu betreiben, zu unterhalten und auszubauen. Nach Zeitungsberichten wird sich Telefonica um das Netz im Osten des Landes kümmern, T-Mobile um die westlichen Regionen. Die beiden umsatzstarken Einzelmärkte Prag und Brno sind von der Kooperation zunächst ausgenommen.

Auch wenn nun bereits die Frequenzen für das LTE-Netz vergeben wurden, gibt es beim Aufbau der dritten Netzgeneration 3G (UMTS) in Tschechien noch viel zu tun. Ende 2012 war nicht einmal die Hälfte der Landesfläche per UMTS-Signal erreichbar (Telefonica-Netz 32%, T-Mobile 48%, Vodafone 26%). Doch immerhin sind damit zwischen 73% (Vodafone) und 85% (T-Mobile) der Haushalte abgedeckt.

Zu Testzwecken durften die Telekomgesellschaften schon vor der Frequenzvergabe kleinere lokale LTE-Netze errichten. T-Mobile hat am 1.10.13 in Prag den kommerziellen Betrieb gestartet und will bis Jahresende die Hälfte der Einwohner erreichen können. Telefonica deckt seit Ende Oktober den größten Teil von Brno mit dem LTE-Signal ab.

Um das LTE-Netz nun flächendeckend aufzubauen, gibt die Regulierungsbehörde den drei Auktionsgewinnern fünf bis sieben Jahre Zeit. Ab Januar 2014 bekommen sie die ersteigerten Frequenzen zugeteilt. Jede der drei Gesellschaften wird rund 10 Mrd. Kc investieren müssen, um die Infrastruktur für das mobile Highspeedinternet zu errichten, berichtete die Wirtschaftszeitung Hospodarske noviny.

In den kommenden Jahren ist also mit einem neuen Investitionsboom in der Branche zu rechnen. Schon 2012 und 2013 haben die Netzbetreiber jeweils rund 15 Mrd. Kc in den Ausbau ihrer Infrastruktur gesteckt. Für 2014 erwartet Vodafone nach eigenen Angaben die im Verhältnis zum Umsatz höchste Investitionssumme seiner Geschichte in Tschechien. T-Mobile schätzt die nötige Finanzierung des LTE-Aufbaus in den kommenden 15 Jahren auf 13 Mrd. Kc, wobei der Löwenanteil in den nächsten fünf Jahren fließen wird.

Bei Telefonica CR sind die Schätzungen noch wenig konkret, weil die spanische Muttergesellschaft im Herbst dieses Jahres 65,9% der Anteile an die Prager Investmentgruppe PPF verkauft hat. Zu dem Deal gehört auch die komplette Übernahme der slowakischen Telefonica-Tochter. PPF zahlt für das Aktienpaket laut Presseberichten 63,6 Mrd. Kc (nach aktuellem Wechselkurs 2,3 Mrd. Euro).

Die Frequenzauktion im November war allerdings noch nicht der letzte Trumpf der Regulierungsbehörde. Für 2014 plant das CTU die Versteigerung einer Frequenz in der Bandbreite von 1800 MHz und 2600 MHz zur Verbesserung der Signalqualität in den Städten.

Mehr Wettbewerb wird dadurch aber nicht auf dem Markt entstehen. Es bleibt beim dominierenden Trio aus T-Mobile, Telefonica und Vodafone. Der ursprüngliche Alternativkandidat Sazka Telecommunications will nun als virtueller Netzbetreiber die Kapazitäten von Vodafone nutzen. Schon in den vergangenen Monaten waren Mobilfunkdiscounter ohne eigene Netzinfrastruktur wie Pilze aus dem Boden geschossen. Mit Stand Ende November 2013 hatten 36 Wiederverkäufer Mobilfunkprodukte angeboten. Davon nutzen 22 das Netz von T-Mobile. Zu den größten Anbietern gehören Bleskmobil mit etwa 300.000 aktiven SIM-Karten sowie Tesco mobile und Mobil.cz.

Themen: Mobilfunk, Mobilfunkfrequenzen, LTE-Netze

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