Prag - Woran ohnehin kaum jemand ernsthaft in Tschechien gezweifelt haben dürfte, wurde gestern (und somit fast 18 Monate nach dem Vorfall) noch einmal von der ehemaligen Vorsitzenden des tschechischen Abgeordnetenhauses Miroslava Němcová (ODS) bestätigt.
Als am 9. Mai 2013 die böhmischen Krönungsinsignien in einer feierlichen Zeremonie aus der Schatzkammer des Veitsdoms geholt wurden, um sie für kurze Zeit der Öffentlichkeit zu zeigen, war der Staatspräsident betrunken. Dabei hatte Miloš Zeman die Ausstellung als repräsentative Geste anlässlich seiner Amtsübernahme selbst angeordnet.
Die Bilder des in die Kammer mit den Kronjuwelen torkelnden tschechischen Staatspräsidenten, der sich bei der Zeremonie kaum auf den Beinen halten konnte, waren damals um die Welt gegangen.
Eine Virusinfektion, wiegelte hinterher die "Burg" ab, sei Schuld für die augenscheinlich schlechte Kondition des Staatsoberhauptes gewesen. Allerdings hatte Miloš Zeman zuvor noch an einem Empfang in der russischen Botschaft teilgenommen und dort wurde nicht nur Wasser getrunken. Immerhin feierten die Russen mit ihren Gästen das Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 und den Sieg über Nazi-Deutschland. Seitdem ist "viróza" im Tschechischen ein Synonym für Unpässlichkeit wegen Trunkenheit.
Zu der an sich längst abgehakten Causa äußerte sich Miroslava Němcová nun im Zusammenhang mit dem Skandal-Interview, das Miloš Zeman am vergangenen Sonntag dem Tschechischen Rundfunk (ČRo) gegeben hatte. Wegen der wiederholten Verwendung sehr vulgärer Ausdrücke beschert dies dem tschechischen Präsidenten derzeit ebenfalls wieder internationale Aufmerksamkeit.
Gegenüber dem Internetfernsehkanal DVTV bekräftigte Němcová ihre Auffassung, dass Miloš Zeman seinen repräsentativen Aufgaben als Verfassungsorgan nicht gerecht werde und die Kontrolle über sich verliere.
In ihrer damaligen Funktion als Vorsitzende des Abgeordnetenhauses war sie in Besitz eines der sieben notwendigen Schlüssel zum Öffnen der Schatzkammer. Als einzige Frau hatte Němcová daher an der Zeremonie teilgenommen und Zeman aus unmittelbarer Nähe erlebt - und gerochen. Sie habe damals für einen Moment sogar in Erwägung gezogen, ihre Teilnahme wegen des Zustandes des Staatspräsidenten an der Zeremonie abzubrechen, so Němcová. (nk)