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Prag - Man kennt das ja hinlänglich: Alles was Sie schon immer über Sex wissen wollten, aber etc.pp. Was haben wir gelacht, als wir Woody Allens Film zum ersten, vielleicht auch noch zum zweiten Mal gesehen haben. Nun lockt uns ein Stück ins Nationaltheater, Neue Bühne, mit dem Titel: All the Sex I’ve ever had/Všechen sex mého života, also der gesamte Sex meines Lebens. Protagonisten sind sechs SeniorInnen, drei aus Deutschland, drei aus Prag, die ihr (Sex-/Liebes-) Leben Revue passieren lassen. Das Stück läuft im Off-Programm im Rahmen des Theaterfestivals der deutschen Sprache. Für Über-/Untertitelung ist also gesorgt.

Konstantin Bock, verantwortlicher Regisseur für den Prager Teil des Stücks, legt die Hand ins Feuer: „Bisher hat es die Leute überall angesprochen, wo wir dieses Projekt durchgeführt haben.“ In Philadelphia überraschten die losen Sitten in den Vorstädten, in Singapur wiederum die strengen Sitten bei der Vorstellung. Er will sich erst gar nicht festlegen, mit welchem Begriff er diese Art Theater bezeichnen soll: authentisches Theater, environmental theatre, social theatre? „Die Idee am Anfang war, soziale Milieus auf die Bühne zu bringen. Wir arbeiten nicht mit Schauspielern. Wir wollen so authentisch wie möglich sein.“

"Ich war überrascht, manchmal sogar schockiert, was die Leute erzählt haben. So habe ich mir die ältere Generation nicht vorgestellt."

Der Anfang der Idee liegt etwa fünf Jahre zurück, ausgebrütet in Toronto, Kanada. „Zunächst begann es mit der Idee, ältere Menschen nach dem besten Sex in ihrem Leben zu fragen“, erinnert sich Bock. Das erwies sich aber als unfruchtbar, denn die Geschichten schlugen zu sehr ins Klischee. „Ach ja, am Strand, die Sonne schien, der Wind streichelte die Haut, es war wunderbar, eben all das kam.“ Dann wurde die Fragestellung auf den besten und den schlechtesten Sex im Leben ausgeweitet. „Da wurden die Geschichten interessanter und die Leute zeigten viel mehr Humor.“ In der Endfassung geht es dann ums Große und Ganze des Sex- bzw. Liebeslebens, um das, was davon in Erinnerung geblieben ist und um das, was diese Senioren heute noch umtreibt.

„Ich möchte nicht allzuviel verraten“, verrät die Dolmetscherin und Übersetzerin Olga Pohl dennoch, die das gesamte Prager Textmaterial wahrscheinlich am besten kennt. „Aber ich war überrascht, manchmal sogar schockiert, was die Leute erzählt haben. So habe ich mir die ältere Generation nicht vorgestellt.“

Mehrstündige Einzelgespräche mit den drei Prager Teilnehmern wurden zu einem Text komprimiert, in dem sich die Erzähler chronologisch abwechseln, mal erzählen die deutschen, mal die tschechischen Teilnehmer, jeweils in die andere Sprache untertitelt sowie in Englisch.

Warum eigentlich Englisch? Nun, das Konzept stammt, wie bereits erwähnt, aus Toronto, von der Theatergruppe „Mammalian Diving Reflex“, die sich hauptsächlich mit künstlerischen sozialen Projekten befasst, um Barrieren abbzubauen. In Prag half dabei das sympathische Prager Hinterhoftheater Alfred v dvoře (Alfred im Hof) aus dem Stadtteil Holešovice.

Ähnliche Zusammenarbeiten haben neben außerdem in Oldenburg und in Glasgow funktioniert. Mastermind des Projekts ist Darren O’Donnell, einer seiner wichtigsten Mitarbeiter Konstantin Bock. Der hat eine Vision: „Es wäre schön, alle Teilnehmer aus den unterschiedlichen Städten ein Mal zusammenzubringen zu einem Festival.“ Dann würde Englisch klar die Oberhand gewinnen.

Aber ob sich das realisieren lässt? „Es wäre auf jeden Fall ziemlich aufwändig.“ Was es aber bald geben wird, ist ein Filmfassung. Darüber, was Sie Opa schon immer mal fragen wollten. Nicht etwa, was er im Krieg gemacht hat, sondern... eben im Gegenteil.

Gerd Lemke
 
All the Sex I’ve ever had / Všechen sex mého života
Regie: Darren O’Donnell, Konstantin Bock
Vorstellungen am 6. und 7.11.2013, 20 Uhr im Nationaltheater, Neue Bühne (Národní divadlo, Nová scéna)